Die schwere Stahltür fällt hinter einem zu und man ist wieder draußen in der Freiheit.
Es ist nur ein bleibender Eindruck, den man gewinnt wenn man einen Knast besucht. Mitte Mai startete in Darmstadt bereits der fünfte Knastmarathon, und weiterhin ist er einzigartig in Deutschland. Keine andere Anstalt hat sich bisher an dieses Projekt herangewagt.
In Darmstadt Eberstadt beim SV Kiefer geht es hauptsächlich darum Insassen in einem halbjährigen Trainingsprojekt an einen Marathon heranzuführen und Dinge wie Durchhaltevermögen, Ehrgeiz und Fairness zu vermitteln. Letztlich 21 Insassen schaffen es bis an die Startlinie und alle erreichten auch das Ziel. Darüber hinaus dürfen 160 Läufer von außen und auch Insassen anderer Anstalten starten.
Wie positiv dieser besondere Lauf aufgenommen wird zeigt, dass die freien Startplätze bereits im Dezember 2010 ausgebucht waren. Und das obwohl es 24 Runden auf dem Knastgelände zu absolvieren gilt – Kehrtwenden natürlich inklusive.
Zudem gilt es vor dem Lauf die Sicherheitskontrollen zu durchlaufen. Erst heißt es Ausweis an der Pforte abgeben, dann kommt die Leibesvisitation und die Tasche läuft durch den Scanner. Hier gibt es für den Wolfskehler Starter Helge Kleinböhl schon den ersten kleinen Aufreger – hat er doch vergessen die 5ct Stücke aus dem Schwimmrucksack (Fön) zu entfernen. Immerhin geht es ohne Probleme durch die letzte Prüfung mit dem Drogenhund. Drinnen angekommen zählt an diesem Tag nur der Marathon. Läufer aus der ganzen Republik vermischen sich mit Insassen – Unterschiede sind nur noch am Besucherbändchen erkennbar. Bei allerbesten äußeren Bedingungen fällt der Startschuss dann mit einer Viertelstunde Verzögerung. Die Kontrollen hatten doch länger als erwartet gedauert.
Schnell zieht sich das Feld auseinander, weil der Treburer Thomas Kröll (TG Tria Rüsselsheim) ein flottes Tempo vorlegt. Interessant ist es auf 24 Runden auch das Rennen an der Spitze zu sehen, dass man sonst als Mitläufer nicht wahrnehmen kann. Kröll wird das Anfangstempo nicht ganz halten und den Vorjahressieger vorbei ziehen lassen. Die 1,78 Kilometer-Runde wird bald zum engen Vertrauten und nicht die Kilometerzeiten sondern die Rundendurchgangszeiten und die Abstände zu den anderen Läufern zählen.
Für Helge soll es nach gutem Training ein weiterer Angriff auf die Bestzeit (3:22 Std.) sein. Zur Halbzeit sieht mit 1:39 Std noch alles bestens aus. Doch trotz Rundenübersicht auf der Leinwand, bester Verpflegung und guter Stimmung an der Strecke werden die Beine einmal mehr ab Kilometer 30 schwer. Hinzu kommen leichte Bauchkrämpfe. Aber egal - der Marathon wird mit 3:28:42 Std und Gesamtplatz 25 ( M40 Platz 10) noch passabel beendet.
Das Ergebnis ist für viele ohnehin zweitrangig – wichtig ist vielmehr das Gefühl Teil eines besonderen Projektes zu sein und viele Eindrücke aus der Anstalt mit nach Hause zu nehmen.