Eigentlicher Anstoß für die Gründung eines Tischtennis-Vereins waren die Amerikaner, die zur damaligen Zeit als Besatzer in Deutschland blieben. Ping-Pong war eines ihrer Gesellschaftsspiele.
Klaus Reuß erzählte, dass in ihrem Haus die „Amis“ den Wohnzimmertisch auszogen und daran spielten. Es störte die Amerikaner auch nicht, dass der Tisch oval war. Da es zur damaligen Zeit nichts zu kaufen gab - und schon gar keine Tischtennisbälle - waren die Amerikaner fortan für lange Zeit die Bezugsquelle für TT-Bälle. In Gesprächen mit Klaus Reuß und Heinz Hub bestätigten beide, dass die Gründung des Tischtennis-Vereins vor dem Beitritt zum Sportverein 1946 lag. Heinz Rühl, der in der damaligen Schreinerei Hill in Goddelau arbeitete, fertigte die erste Tischtennisplatte an, die vom Vater Reuß bezahlt wurde. Der erste Spartenleiter der Abteilung TT im Sportverein 1946 war Heinz Hub und nicht wie ursprünglich angenommen Ludwig Melchior.
Klaus Reuß übergab der Abteilung ein Dokument aus dem Jahre 1948, auf dem Spartenleiter (H. Hub) dem Spieler Klaus Reuß die Mitgliedschaft und einen in Verlust geratenen Spielerpaß bestätigte. Laut Dokument besaß Klaus Reuß einen Spielerpaß, der am 15.08.1947 unter der laufenden Nummer 128 ausgestellt war. Klaus Reuß und auch Willi Blodt erinnerten sich, dass Heinz Hub ein Spieler war, der sich 5-7 m hinter dem Tisch bewegte, und die Celluloid-Kugel auf unnachahmliche Weise immer wieder zurückschaufelte. Man spielte auch tagsüber an dem einen zur Verfügung stehenden Tisch, der Eigentum der Familie Reuß blieb, denn Zeit hatte man genügend und die Arbeitslosigkeit war noch groß.
Schon kurz darauf wurde ein Tischtennis-Verein gegründet, der aber noch nicht zum TSV gehörte. Die treibende und gestaltende Kraft war Ludwig „Luddi“ Melchior, der mehr als einen Antrag zur Aufnahme in den Gesamtverein stellte. Tischtennis hatte noch nicht das notwendige Ansehen im Sportbereich, und so wurde der Beitritt anfangs mit Aussagen wie: „Was wollt Ihr denn mit euren Hampelmannsbällchen im Turn- und Sportverein?“ abgeschmettert. Ludwig Melchior gab jedoch nicht auf und setzte die offizielle Zugehörigkeit der Abteilung Tischtennis zum Verein schließlich 1946 durch.
Wie aber erregte man öffentliches Interesse an dem Sport, wo doch nur eine einzige Platte zur Verfügung stand und man normalerweise auch nicht unter freiem Himmel spielen kann? Albert Kummer berichtete: Man brauchte nur bei Schickerts vorbeizulaufen, dann hörte man schon das laute Ping-Pong-Geräusch der Spieler. Der Luddi sprach alle an, ob sie Tischtennis spielen können, und so lud er auch mich ein, einmal zu kommen. Als ich da war, musste ich sofort gegen Klaus Reuß spielen. Klaus Reuß war Stammspieler der Tischtennismannschaft. Nachdem ich gegen ihn gewonnen hatte wurde ich sofort dem besten Spieler -Jury Machaeff- gegenübergestellt. Dieses Match ging sehr knapp aus und hatte zur Folge, dass eiligst eine Spielberechtigung für mich organisiert wurde und ich von da an in der Mannschaft spielte. Weitere Spieler waren Heinrich Mann, Erwin Roth, Heinz Hub und Luddi.
Aber das ist noch nicht alles, auch über den Spielbetrieb konnte Albert Kummer Interessantes, und aus heutiger Sicht Kurioses berichten. Die Schläger hatten noch keinen Schwamm und selten hatte man den damals üblichen rotbraunen Barna-Noppen-Außen-Belag auf seinem Holz. Zumeist waren die Schlägerseiten mit einer Art Glaspapier belegt.
Bevor die Mannschaft ihren ersten Aufstieg verzeichnete, spielte man gegen Gegner aus Dornheim, Groß-Gerau, Walldorf und Mörfelden. Auf Mörfelder Seite spielten damals die späteren Nationalspieler Arndt und Michalek.
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- Auf diesem Bild aus der Gründerzeit sind die Spieler der Bezirksklasse-Mannschaft zu sehen (v.l.n.r. Ludwig Melchior, Kurt Seipel, Albert Kummer, Heinrich Mann, Heinz Hub und Anton Schnurrer)
- Einige der Gründerväter bei einer Ehrung während dem 50-jährigen Jubiläum im Jahr 1995: v.l.n.r. Albert Kummer, Kurt Seipel, Georg Machaeff, Willi Blodt, Helmut Schaffner, Klaus Reuß
Der Aufstieg in die Bezirksklasse erfolgte 1948/49. In dieser Klasse spielte Wolfskehlen eine führende Rolle neben den ernsthaften Gegnern von SV Darmstadt 98, SG Arheilgen und der SG Eberstadt. In dieser Klasse spielte die Erste über 10 Jahre lang. Die Trikots waren kornblau mit weißem Kragen, und der Zuschuss an die Abteilung Tischtennis vom Gesamtverein betrug ca. 10,- DM pro Monat, wobei Kosten von 5,- DM für Lichtgeld anfielen. Zudem erfuhr man von Albert Kummer, dass Tischtennisbälle, die einen Schweißnahtfehler hatten, mit Aceton wieder „verschweißt“ wurden!
Zu den Auswärtsspielen zwängte sich die Mannschaft (sechs Spieler) in einen Opel P4, dessen stolzer Besitzer Heinrich Mann war.
Auch eine Damenmannschaft versuchte zu der damaligen Zeit ihr Glück. Den Überlieferungen nach nahmen sie aber nur kurze Zeit an Verbandsspielen teil. Die Spielerinnen waren Hannelore Reuß (heute Krumb), Helene Fuchs (heute Göbel), Margit Hub, Käthe Schaffner und Elisabeth Hammann (heute Mönich).
Ein weiterer „Tischtennis - Oldie“ war Yuri Machaeff, der am 01.05.1947 zu den aktiven Spielern der ersten Stunde hinzustieß und zehn Jahre lang in der ersten Mannschaft spielte. Man mag es kaum glauben, aber er nimmt den Schläger sogar heute noch regelmäßig in die Hand. Jetzt ist Machaeff bei der SKG Wallerstädten aktiv, und traf erst kürzlich auf die erste Mannschaft des TSV 03 in einem Punktspiel der 1. Kreisklasse. Dabei gewannen zwar die teilweise zwei Generationen jüngeren Wolfskehler deutlich, aber Yuri Machaeff ist das beste Beispiel dafür, dass man den Tischtennissport bis ins hohe Alter ausführen kann.
Er erinnert sich heute noch gerne an die alten Zeiten. In einem Gespräch erzählt er, dass die Kameradschaft damals sehr ausgeprägt und der Zusammenhalt optimal war. Zudem gab er zu bedenken, dass man weite Wege auf sich nahm, um gegen andere Mannschaften spielen zu können. Die Mannschaftsaufstellung war früher frei möglich, nicht so, wie es das Reglement heute vorschreibt, dass nach Spielstärke gestellt werden muss. Außerdem wurden drei Gewinnsätze gespielt, was bedeutete, dass bis zu fünf Spielsätze möglich waren. Yuri Machaeff sagte, dass er sehr oft im fünften Satz die Entscheidung zu seinen Gunsten herbeigeführt habe. Man kann sich vorstellen wie lange die Partien damals gedauert haben müssen, denn wie Machaeff hatten die meisten Akteure den üblichen rotbraunen Barna-Noppen-Belag, der für eine defensive Spielweise ausgesprochen nützlich war. Früher galt es möglichst viele Bälle wieder zurück auf den Tisch zu bringen, was Machaeff mit seiner überdimensional großen „Klatsche“ hervorragend gelang. Seinen Schläger hatte er aus der Gefangenschaft mitgebracht, und er maß im Durchmesser 4-5 cm mehr als andere Schlägerhölzer. Gegnerische Spieler unterstellten ihm deshalb, dass er viele Bälle nur zurückbringen konnte, weil der Schläger so riesengroß sei. Die Vorschriften in der noch sehr jungen Sportart waren nun mal noch nicht so streng wie sie es heute sind, und da konnte man es sich auch erlauben mit so einem „Ding“ zu spielen. Er erzählte noch so manch andere alte Geschichten, die hier nicht genannt werden können, und gab uns somit einen weiteren interessanten Einblick in die Vergangenheit des Wolfskehler Tischtennis.